Was kostet CO2 die Gesellschaft?
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SCC, Social Cost of Carbon (zu Deutsch: soziale Kosten von Kohlenstoff) ist eine Schätzung zukünftiger Schäden durch eine zusätzliche Tonne an CO2-Emissionen.
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Gerade hat die US-Regierung ihre Prognosen für diese Kennzahl aktualisiert, die vor allem für umweltpolitische Entscheidungen maßgeblich ist.
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Je nach Eingangsvariablen können die SCC-Schätzungen schwanken; welche SCC-Kennzahl der richtige Maßstab ist, wird in der Wissenschaftsgemeinde weiter diskutiert.
Rechtswissenschaftler und Harvard-Professor Cass Sunstein hält SCC für „die wichtigste Zahl, von der Sie noch nie gehört haben“.1 Die sozialen Kosten für Kohlenstoff werden in Dollar angegeben und entsprechen dem geschätzten Gegenwartswert potenzieller zukünftiger Schäden durch eine zusätzliche Tonne CO2-Emissionen. Anhand dieser Kennzahl können wir die erwarteten Kosten und den Nutzen von Maßnahmen zur Emissionsreduzierung gegeneinander abwägen und so ihre Kosteneffizienz bewerten. Die US-Regierung verwendet SCC ebenso wie die Regierungen der US-Bundesstaaten bereits seit dem Jahr 2010 zur Quantifizierung der ökologischen Auswirkungen geplanter Gesetze, wobei in den letzten zehn Jahren unterschiedliche SCC-Werte zur Anwendung kamen.2 Angesichts seiner Bedeutung und Komplexität ist der SCC-Wert unter Ökonomen und Politikern Gegenstand lebhafter Diskussionen, die im Vorfeld der Veröffentlichung der neuen SCC-Schätzung der US-Regierung am 19. Februar noch intensiver geführt wurden.3
In der Dimensional Studie "The Economics of Climate Change" (auf Englisch), untersuchen wir den SCC eingehend und erklären, wie er mit der Klimapolitik zusammenhängt. Der SCC-Wert spielt eine zentrale Rolle bei der Bewertung der Klimapolitik, da er es uns ermöglicht, die mit Treibhausgasemissionen (THG) verbundenen Externalitäten zu messen. Treibhausgasemissionen stellen eine negative Externalität dar, da Unternehmen und Verbraucher für die ökologischen Kosten ihrer Emissionen nicht vollständig aufkommen. Zu den externen Effekten zählen finanzielle Verluste aufgrund des Klimawandels, aber auch umfassendere Auswirkungen wie negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Artenvielfalt. Der SCC-Wert schätzt diese gegenwärtigen und zukünftigen Umweltkosten und drückt ihren aktuellen Wert in US-Dollar aus. Somit ist der SCC ein wichtiger Bezugspunkt für die Kohlenstoffbesteuerung. Außerdem können wir anhand dieser Kostenangabe feststellen, ob Projekte zur Emissionsreduzierung kosteneffizient sind. Betragen die sozialen Kosten für Kohlenstoff beispielsweise 50 US-Dollar pro Tonne, wäre ein Preis von 40 US-Dollar zur Vermeidung einer Tonne zusätzlicher CO2-Emissionen angemessen, ein Preis von 60 US-Dollar dagegen nicht.
SCC-Schätzungen werden in der Regel anhand von übergreifenden Modellen erstellt, die klimatische und ökonomische Variablen erfassen.4 Diese Modelle dienen dazu, Prognosen über Kosten und Nutzen einer Emissionsreduzierung zu treffen, und helfen dadurch, CO2-Steuern zu optimieren und den entsprechenden Pfad für die Entwicklung der Emissionen zu bestimmen. SCC ist ein Nebenprodukt dieser Optimierung: Sie entspricht der Kohlenstoffsteuer, die Unternehmen und Verbraucher dazu veranlasst, ihre Emissionen um den optimalen Betrag zu reduzieren. Die Modelle können jedoch auch umgekehrt zur Umsetzung politischer Ziele verwendet werden: Wollen wir zum Beispiel die Erwärmung auf 1,0°C begrenzen oder Emissionen um 30% senken, können wir anhand der SCC die Steuer berechnen, mit der wir dieses Ziel erreichen können.
Die SCC-Schätzungen in der wissenschaftlichen Literatur variieren erheblich und reichen von 30 bis 300 US-Dollar pro Tonne CO2-Äquivalente. Eine solche Diskrepanz überrascht nicht: SCC muss alle zukünftigen durch Treibhausgasemissionen verursachten Schäden erfassen, darunter auch jene, die wir nicht genau beziffern können (z. B. erwartete Schäden durch den Anstieg des Meeresspiegels), oder die von Natur aus schwer zu quantifizieren sind (z. B. der Verlust von Artenvielfalt). Besonders erschwert werden die Schätzungen durch die Tatsache, dass alle diese Schäden auf einen einzigen Gegenwartswert abgezinst werden müssen. Der Klimawandel ist jedoch ein Phänomen, das sich über Jahrzehnte hinzieht. SCC-Schätzungen reagieren daher äußerst empfindlich auf die Wahl des Abzinsungsfaktor. Bei einem Abzinsungsfaktor von 4% etwa kommt der Nobelpreisträger William Nordhaus in einer aktuelleren Studie auf einen Wert von 30 bis 40 US-Dollar. Wenn er jedoch einen Abzinsungsfaktor von 1,4% verwendet, der in einer bekannten, von der britischen Regierung in Auftrag gegebenen Studie verwendet wurde (The Stern Review), kommt er auf mehr als 200 US-Dollar.5
Am 19. Februar hat die US-Regierung ihre Richtlinien zur Verwendung des SCC in der Gesetzgebung aktualisiert.6 Zwar enthält die aktuelle Bundesrichtlinie keine konkrete Zahl, verweist jedoch auf die Kosten, die zur Zeit der Obama-Regierung verwendet wurden: 50 US-Dollar pro Tonne.7 Diese Zahl entspricht verschiedenen wissenschaftlichen SCC-Schätzungen und insbesondere solchen mit höheren Diskontierungssätzen. Die Nobelpreisträger Joseph Stiglitz und Nicholas Stern fordern die neue Regierung dagegen auf, die sozialen Kosten für Kohlenstoff bei etwa 100 US-Dollar anzusetzen.8 Auch hier liegt der Unterschied in den Abzinsungsfaktoren. Stern und Stiglitz argumentieren, niedrige Abzinsungssätze seien aus Gründen des Risikomanagements gerechtfertigt, da zukünftige Schäden durch den Klimawandel höchst ungewiss seien und sich als irreversibel erweisen könnten.
Die Debatte über den richtigen SCC-Wert geht mit unverminderter Schärfe weiter, und zwar nicht nur in den USA. Für ihren Gesetzgebungsprozess berechnen mehrere andere Länder ihren eigenen SCC-Wert.9 Wer die verschiedenen Standpunkte in dieser Debatte besser verstehen will, findet in unserem aktuellen White Paper (auf Englisch) eine Zusammenfassung der entsprechenden Studien.
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Über Treibhausgasemissionen und erwartete Anlagerenditen
Footnotes
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1Class R. Sunstein, „Watch for Biden Decision on Unsung Climate Metric“, Bloomberg, 10. November 2020, bloomberg.com/opinion/articles/2020-11-10/biden-climate-change-policy-turns-on-carbon-cost-calculation.
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2Siehe u. a. die Kongressanhörung von Michael Greenstone (bfi.uchicago.edu/wp-content/uploads/Greenstone-Testimony-12192019-FINAL.pdf).
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3Gernot Wagner et al., „Eight Priorities for Calculating the Social Cost of Carbon,“ Nature, 19. Februar 2021, https://www.nature.com/articles/d41586-021-00441-0.
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4Ein berühmtes Beispiel ist das Dynamic Integrated Climate-Economy (DICE) Modell von William Nordhaus.
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5William Nordhaus, „Climate Change: The Ultimate Challenge for Economics,” American Economic Review 109, no. 6 (2019): 1991-2014; William D. Nordhaus, „Revisiting the Social Cost of Carbon, „Proceedings of the National Academy of Sciences“114, no. 7 (2016): 1518-1523; William Nordhaus, „Critical Assumptions in the Stern Review on Climate Change,“ Science 317, no. 5835 (2007): 201–202.
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6„National Environmental Policy Act Guidance on Consideration of Greenhouse Gas Emissions,“ Federal Register, 19. Februar 2021, https://www.federalregister.gov/documents/2021/02/19/2021-03355/national-environmental-policy-act-guidance-on-consideration-of-greenhouse-gas-emissions.
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7Siehe Fußnote 2.
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8„Getting the Social Cost of Carbon Right,“ Project Syndicate, 15, Februar 2021, https://www.project-syndicate.org/commentary/biden-administration-climate-change-higher-carbon-price-by-nicholas-stern-and-joseph-e-stiglitz-2021-02.
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9Siehe Beispiele in Fußnote 3.
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