Dividendenaktien: Heilmittel gegen Inflation und Zinserhöhungen?
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Die Inflation hat inzwischen den höchsten Stand seit Jahrzehnten erreicht, die US-Notenbank reagiert mit Zinserhöhungen. Einige Anleger denken daher darüber nach, verstärkt in Dividendenaktien zu investieren.
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Für höhere Realrenditen dividendenstarker Aktien in Zeiten hoher Inflation oder steigender Zinsen gibt es keine überzeugenden Belege.
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Disziplin und Diversifikation führen eher zum Ziel, außerdem können sich Anleger auch für Strategien entscheiden, die inflationsabgesichert sind oder positive Realrenditen anstreben.
Mit 7,9% hat die US-Inflation im Februar den höchsten Stand seit fast 40 Jahren erreicht.1,2 Steigende Preise und die Entscheidung der US-Notenbank, die Zinsen zu erhöhen, beunruhigen viele Anleger3, weshalb einige jetzt in der Hoffnung auf sicherere Einkommen und höhere Renditen auf Dividendenaktien setzen.4 Doch kann das wirklich funktionieren?
Bevor wir uns mit den Merkmalen von Dividendenaktien auseinandersetzen, ist es wichtig zu wissen, dass der Anteil der Unternehmen, die überhaupt eine Dividende ausschütten, weltweit zurückgegangen ist.5 Wie in Abbildung 1 zu erkennen ist, zahlten 1927 noch 68% aller US-Unternehmen eine Dividende, 2021 waren es nur noch 38%. Wer nur in Dividendenaktien investiert, erhöht also die Konzentration in seinem Portfolio. Außerdem führen Dividendenstrategien keineswegs immer zu stabilen Einkommen, denn insbesondere in unsicheren Zeiten können Unternehmen ihre Dividendenpolitik ändern. Während der Pandemie beispielsweise haben zahlreiche Unternehmen ihre Dividenden gekürzt: In den ersten neun Monaten des Jahres 2020 sanken die Dividenden für jeden an den US-Börsen investierten Dollar gegenüber demselben Zeitraum des Vorjahres um 22%.6
Weniger Unternehmen, weniger Diversifizierung
Jährlicher Anteil der US-Unternehmen und US-Marktkapitalisierung, die Dividenden ausschütten, 1927 bis 2021
Schützen Dividenden vor Inflation?
Zur Beantwortung dieser Frage haben wir für den Zeitraum von 1928 bis 2021 die Wertentwicklung von Fama/French US-Portfolios untersucht, die auf Basis der Dividendenrendite erstellt wurden.7 Jeweils Ende Juni haben wir alle US-Unternehmen einer von zwei Gruppen zugeordnet, je nachdem, ob sie in den vorangegangenen zwölf Monaten eine Dividende ausgeschüttet haben oder nicht. Anschließend haben wir die Gruppe ausschüttender Unternehmen unterteilt. Als "Gute Zahler" werden die 30% der Unternehmen mit den höchsten Dividendenrenditen bezeichnet, als "Schlechte Zahler" die unteren 30%. Im Dezember 2021 betrugt die gewichtete durchschnittliche Dividendenrendite 1,8% und die von Unternehmen mit niedrigen bzw. hohen Ausschüttungsquoten 0,7% bzw. 3,7%.
Wie Abbildung 2 zeigt, warfen alle vier untersuchten Portfolios, erstellt auf Grundlage der Dividendenrendite, in Jahren hoher Inflation (durchschnittliche jährliche Inflationsrate: 5,5%) im Durchschnitt positive nominale und reale Renditen ab.8,9 Langfristig lassen sich also mit jeder Aktienkategorie positive Realrenditen erzielen, nicht nur mit Dividendenaktien. Zudem unterscheiden sich die Renditen zwischen ausschüttenden und nicht ausschüttenden sowie zwischen Unternehmen mit hoher und solchen mit niedriger Ausschüttungsquote nicht zuverlässig voneinander. Einen überzeugenden Beweis für die höheren inflationsbereinigten Renditen von Dividendenaktien in Phasen hoher Inflation finden wir also nicht.
Keine Sonderzahlung
Durchschnittliche jährliche Renditen von Dividendenportfolios in Hochinflationsjahren, 1928 bis 2021
Die Wertentwicklung in der Vergangenheit stellt keine Garantie für zukünftige Entwicklungen dar.
In Abbildung 3 betrachten wir die Inflation und die relative Wertentwicklung von Dividendenaktien einzelner Jahre genauer. Die Streudiagramme lassen keine Beziehung zwischen der Höhe der Inflation und der Renditedifferenz erkennen, weder zwischen ausschüttenden und nicht ausschüttenden Unternehmen (Diagramm A), noch zwischen Unternehmen mit hoher und solchen mit niedriger Ausschüttungsquote (Diagramm B, jeweils im selben Jahr). Ein ähnliches Bild ergibt sich, wenn wir die Wertentwicklung von Dividendenportfolios in Beziehung zu den gleichzeitigen Veränderungen der jährlichen Inflation setzen (Abbildung 4). Das bedeutet: Selbst, wenn wir die Inflation für ein bestimmtes Jahr durch den Blick in eine Kristallkugel genau vorhersagen könnten, wüssten wir immer noch nicht, wie sich Dividendenaktien im selben Jahr entwickeln würden. Dividendenjagd in Zeiten hoher Inflation (oder hoher Inflationserwartungen) führt also wahrscheinlich nicht zu besseren Anlageergebnissen.
Prinzip Gießkanne
Inflation und relative Wertentwicklung von Dividendenportfolios im selben Jahr, 1928 bis 2021
Die Wertentwicklung in der Vergangenheit stellt keine Garantie für zukünftige Entwicklungen dar.
Unklare Beziehung
Jährliche Veränderung der Inflation und relative Wertentwicklung von Dividendenportfolios im selben Jahr, 1928 bis 2021
Die Wertentwicklung in der Vergangenheit stellt keine Garantie für zukünftige Entwicklungen dar.
Und was ist mit steigenden Zinsen?
Um diese Frage zu beantworten, betrachten wir zunächst die durchschnittlichen Monatsrenditen verschiedener Dividendenportfolios in Monaten mit steigenden Effektivzinsen für 3-monatige US-Staatsanleihen. Wie Abbildung 5 zeigt, warfen alle vier Aktienkategorien im Durchschnitt zwischen März 1934 und Dezember 2021 ähnlich hohe Monatsrenditen ab. Zieht man den effektiven US-Leitzins oder die Effektivzinsen zehnjähriger Staatsanleihen heran10, kommt man zu ähnlichen Ergebnissen. Mit Dividendenaktien hätte man in Monaten mit steigenden Zinsen also keine überdurchschnittlichen Renditen erzielen können.
Nicht überzeugend
Durchschnittliche monatliche Renditen von Dividendenportfolios in Monaten mit steigenden Effektivzinsen für 3-monatige US-Staatsanleihen, März 1934 bis Dezember 2021
Die Wertentwicklung in der Vergangenheit stellt keine Garantie für zukünftige Entwicklungen dar.
Selbst bei entsprechenden Fed-Signalen sind Zinsänderungen weitgehend unvorhersehbar.11 Dennoch wollten wir wissen, was Anleger theoretisch mithilfe einer Kristallkugel erreichen könnten. Antwort: nicht viel. Es gibt keinen erkennbaren Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Zinssätze und der Renditedifferenz zwischen ausschüttenden und nicht ausschüttenden Unternehmen bzw. zwischen Unternehmen mit hoher und solchen mit niedriger Ausschüttungsquote (Abbildung 6). Auch hier kommen wir zu ähnlichen Ergebnissen, wenn wir andere Zinssätze verwenden, z. B. den effektiven US-Leitzins oder den Effektivzins von US-Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit.
Auf einem Haufen
Monatliche Veränderungen des Effektivzinses von 3-monatigen US-Staatsanleihen und relative Wertentwicklung von Dividendenportfolios im selben Monat, März 1934 bis Dezember 2021
Die Wertentwicklung in der Vergangenheit stellt keine Garantie für zukünftige Entwicklungen dar.
Was Anleger tun sollten
Es ist verständlich, dass sich Anleger über mögliche Folgen hoher Inflation und steigender Zinsen Gedanken machen. Unsere Analyse widerlegt jedoch die Annahme, dass sie ihr Portfolio in solchen Zeiten mit Dividendenaktien bzw. Aktien mit hohen Ausschüttungsquoten schützen oder höhere Renditen erzielen können. Die Marktpreise bilden die Erwartungen aller Marktteilnehmer ab, also auch ihre Inflations- bzw. Zinserwartungen. Wahrscheinlich können Anleger ihre Ziele mit Disziplin und Diversifikation daher eher erreichen als mit konzentrierteren Positionen in Dividendenaktien.
Indexbeschreibungen
Fama/French Portfolios, erstellt auf Grundlage der Dividendenrendite.
Von Fama/French auf Grundlage von Wertpapierdaten von CRSP und COMPUSTAT. In den Portfolios sind alle NYSE-, AMEX- und NASDAQ-Aktien enthalten, für die die Marktkapitalisierung für Juni des Jahres t und mindestens 7 Monatsrenditen (zur Berechnung der Dividendenrendite) für den Zeitraum von Juli des Jahres t-1 bis Juni des Jahres t vorliegen. Die Portfolios werden jeweils Ende Juni auf Basis der NYSE-Gruppierung erstellt; ausschlaggebend ist die Dividendenrendite. Die Dividendenrendite, die zur Bildung von Portfolios im Juni des Jahres t verwendet wird, entspricht der Summe der zwischen Juli des Jahres t-1 und Juni des Jahres t gezahlten Dividenden pro Dollar Eigenkapital im Juni des Jahres t.
Anleger können nicht direkt in einen Index investieren. Renditeangaben in USD.
Footnotes
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1„Consumer Price Index - Februar 2022", Bureau of Labor Statistics, US Department of Labor, 10. März 2022.
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2Die US-Inflation entspricht der jährlichen Veränderungsrate des Verbraucherpreisindex für alle städtischen Verbraucher (CPI-U, nicht saisonal bereinigt) des Bureau of Labor Statistics.
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3Nick Timiraos, „Fed Raises Interest Rates for First Time Since 2018“, Wall Street Journal, 17. März 2022.
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4Hardika Singh und Michael Wursthorn, „Investors Gobble Up Dividend Stocks During Market Turbulence“, Wall Street Journal, 8. Februar 2022.
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5Stanley Black, „Global Dividend-Paying Stocks: A Recent History“ (White Paper, Dimensional Fund Advisors, März 2013).
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6„Dividends in the Time of COVID-19“, Insights (Blog), Dimensional Fund Advisors, 30. November 2020.
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7Weitere Informationen zu den Fama/French-Portfolios, die auf Grundlage der Dividendenrendite erstellt werden, finden sie in der Indexbeschreibung.
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8Als Jahre mit hoher Inflation gelten Jahre zwischen 1928 und 2021, in denen die Inflation über Median des gesamten Untersuchungszeitraums lag (2,68%).
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9Die Realrenditen werden nach folgender Methode berechnet: [(1 + nominale jährliche Rendite) / (1 + Inflationsrate)] - 1.
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10„Federal Funds Effective Rate (FEDFUNDS)“, Federal Reserve Bank of St. Louis (in Prozent, monatlich, nicht saisonal bereinigt).
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11Sooyeon Mirda, „Entscheidungshilfen: Marktpreise oder der Kaffeesatz der Fed?“ Insights (Blog), Dimensional Fund Advisors, 24. September 2021.
Rechtliche Informationen
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