Aktien, Inflation und Kursrekorde: Halten oder verkaufen?


AUF EINEN BLICK:
  • Anleger könnten steigende Inflation und Kursrekorde als Zeichen interpretieren, dass sie ihr Portfolio umstellen sollten.

  • Die Wissenschaft hat zahlreiche Timing-Strategien untersucht, in denen als Entscheidungskriterien unter anderem Unternehmensgewinne, Dividenden, Zinsen und Wirtschaftswachstumsraten zum Einsatz kommen.

  • Wie jedoch ein aktueller Morningstar-Bericht zeigt, sollten Anleger taktische Allokationsstrategien und kurzfristige Gewichtungsanpassungen einzelner Assetklassen lieber vermeiden.

Nach Rekordständen zu Jahresbeginn sind die Kurse am US-Aktienmarkt1 eingebrochen, in der Finanzpresse konnten Anleger beunruhigende Schlagzeilen2 lesen:

„Inflation auf dem höchsten Stand seit 1982“
—Gwynn Guilford, Wall Street Journal, 13. Januar 2022

„Volkswirte senken Wachstumsprognosen, die Risiken steigen“
—Harriett Torry und Anthony DeBarros, Wall Street Journal, 18. Januar 2022

„Heftige Kursschwankungen, der Bärenmarkt ist da“
—Gunjan Banerji und Peter Santilli, Wall Street Journal, 18. Januar 2022

„Kurse fallen in turbulentem Handel“
—Gunjan Banerji und Will Horner, Wall Street Journal, 26. Januar 2022

„Zinserhöhung ab März sind beschlossene Sache“
—Nick Timiraos, Wall Street Journal, 27. Januar 2022


Einige Aktien, die noch im vergangenen Jahr stark nachgefragt waren, haben inzwischen deutlich an Wert verloren (Abbildung 1).3


abbildung 1

Kurseinbrüche

Die Wertentwicklung in der Vergangenheit stellt keine Garantie für zukünftige Entwicklungen dar und die aktuelle Wertentwicklung kann über oder unter der gezeigten Wertentwicklung liegen. Renditen können aufgrund von Währungsschwankungen steigen oder fallen.

Die hier erwähnten Wertpapiere können in Portfolios enthalten sein, die von Dimensional verwaltet werden. Diese Informationen dürfen nicht als Empfehlung zum Kauf oder Verkauf eines bestimmten Wertpapiers interpretiert werden.



Ist steigende Inflation schlecht für Aktien? Sind Kurseinbrüche einzelner populärer Aktien Vorboten eines größeren Abschwungs?

Was Anleger wirklich meinen: Sollte ich etwas an meinem Portfolio verändern? Jede dieser Fragen ist aber einfach nur eine andere Version der Timing-Frage in neuem Gewand. Sollte ich meine Aktien verkaufen und zurückkaufen, wenn die Kurse weit genug gefallen sind? Man kann diese Frage auch anders formulieren: Können wir klare Regeln definieren, die uns sagen, wann wir Aktien kaufen, verkaufen oder halten sollten, wann wir unsere Fehler eingestehen sollten, usw.?

Der Verlockung erfolgreicher Handelsregeln erliegt man leicht. Wenn wir sie nur finden würden, könnten wir viel höhere Renditen erzielen.

Im Englischen kennt man die Sage von Felicity Foresight, die in der Silvesternacht Muster in den aufsteigenden Blasen in ihrem Champagnerglas erkennen und so perfekt vorhersagen konnte, ob die Aktien des S&P 500 oder US-Treasuries in den nächsten zwölf Monaten die höheren Renditen abwerfen würden. Wie wäre es Felicity Foresight mit ihrem (hypothetischen) Portfolio und dieser einfachen Timing-Strategie in den vergangenen 50 Jahren wohl ergangen?

Ziemlich gut. Hätte sie der „Perfektes-Timing“-Strategie folgend jedes Jahr in die richtige Anlageklasse investiert, wären aus 1.000 Dollar nicht weniger als 1,8 Millionen Dollar geworden, also fast das Zehnfache einer Buy-and-Hold-Strategie für den S&P 500 Index (Abbildung 2).

Neben Felicity Forseight kennt man in Amerika aber auch Hapless Harry, der nie ein großer Silvester-Fan war und jedes Jahr aufs Neue alles falsch machte. Mit seiner „Immer Falsch“-Strategie hat er in denselben 50 Jahren sogar Geld verloren.


abbildung 2

Im Nachhinein gar nicht so schwer

Die Wertentwicklung in der Vergangenheit stellt keine Garantie für zukünftige Entwicklungen dar und die aktuelle Wertentwicklung kann über oder unter der gezeigten Wertentwicklung liegen. Renditen können aufgrund von Währungsschwankungen steigen oder fallen.

Angaben in USD. Die Daten in der Abbildung „Wachstum von 1.000 USD“ dienen nur zur Veranschaulichung und sind kein Richtwert für eine bestimmte Anlage. Die Beispiele unterstellen, dass die Aktien (oder Anleihen) des hypothetischen Portfolios am Ende des letzten Handelstages des jeweiligen Jahres, an dem ein Wechsel angezeigt war, vollständig veräußert werden, die neuen Aktien oder Anleihen während des folgenden Jahres gehalten wird und sich dieser Prozess zum Jahresende wiederholt. Die Beispiele sind rein hypothetisch und setzen die Wiederanlage von Erträgen voraus. In der Berechnung sind keine Transaktionskosten und Steuern enthalten. Der Erfolg einer bestimmten Strategie ist nicht garantiert. Anleger können nicht direkt in einen Index investieren. Die Wertentwicklung dieser Indizes zeigt nicht die mit der Verwaltung eines tatsächlichen Portfolios verbundenen Kosten an.



Da sich mit erfolgreichem Timing erhebliche Gewinne erzielen lassen, haben Wissenschaftler im Laufe der Jahre zahlreiche Timing-Strategien untersucht, die als Entscheidungsgrundlage unter anderem Gewinne, Dividenden, Zinsen, Wirtschaftswachstum, Marktstimmung, oder Muster in Aktienkursbewegungen verwenden.

Gut im Gedächtnis geblieben ist vielleicht manchem unter anderem das sogenannte Hindenburg-Omen, das im Jahr 2010 für einen kurzen Moment Berühmtheit erlangte.  Entwickelt wurde dieser Börsenindikator von einem blinden Mathematiker und ehemaligen Physiklehrer, der seine Erfindung nach dem deutschen Zeppelin benannte, der 1937 vor New York abstürzte. Nach dem Hindenburg-Omen steht ein dann Kursrückgang bevor, wenn mehrere Indikatoren der 52-Wochen-Höchst- bzw. Tiefstkurse und gleitende Durchschnitte ins Minus drehen. Die Abschwünge der Jahre 1987 und 2008 konnte der Indikator richtig vorhersagen, und als er am 12. August 2010 ein Verkaufssignal auslöste, entflammten am nächsten Tag (einem Freitag, dem 13.) in Internet-Chatrooms und an den Trading Desks der Wall Street aufgeregte Gespräche über einen drohenden Crash, wie das Wall Street Journal berichtete.4 Doch der Crash blieb aus, stattdessen beendete der S&P 500 Index den September mit der höchsten Rendite seit 1939.5 

Vermögensverwaltung ist eine hart umkämpfte Branche, in den USA finden Anleger inzwischen mehr Aktienfonds und ETFs als Aktien selbst.6 Wenn jemand eine rentable Timing-Strategie entwickeln könnte, sollte man erwarten, dass einige Fonds diese mit Erfolg einsetzen. Ein aktueller Bericht von Morningstar legt jedoch nahe, dass Anleger sich vor Fondsmanagern in Acht nehmen sollten, die eine solche Erfolgsformel für sich in Anspruch nehmen. Der Bericht untersucht die Anlageergebnisse von zwei Arten von Aktien-/Anleihe-Mischfonds7:

  • Balanced: Fonds, die ihre Aktienallokation nur geringfügig anpassen
  • Tactical Asset Allocation: Fonds, die ihre Allokation zu Aktien regelmäßig verändern

Insgesamt erzielten diejenigen Fonds schlechtere Ergebnisse, die durch taktische Gewichtungsanpassungen ihrer Aktien- und Anleihepositionen eigentlich bessere Ergebnisse anstreben. Fonds mit einer eher statischen Aktien-/Anleihe-Gewichtung schnitten besser ab (Abbildung 3). In dem Bericht weist Morningstar zudem darauf hin, dass die Zahlen noch schlechter ausfallen würden, würden auch liquidierte Fonds in die Berechnung einfließen. Die Schlussfolgerung der Autoren: „Der Misserfolg taktischer Asset-Allocation-Fonds legt den Schluss nahe, dass Anleger nicht nur taktische Anlagestrategien vermeiden sollten, sondern auch kurzfristige Gewichtungsveränderungen in ihren eigenen Portfolios.“8


abbildung 3

Abschreckungstaktiken

Die Wertentwicklung in der Vergangenheit, inklusive hypothetischer Wertentwicklung, stellt keine Garantie für zukünftige Entwicklungen dar. Renditen können aufgrund von Währungsschwankungen steigen oder fallen.


Diese Ergebnisse sollten niemanden überraschen, denn damit eine Timing-Strategie funktioniert, muss man zweimal richtig liegen – wenn man die Aktienposition reduziert und wenn man sie wieder ausbaut. Niemand sieht gerne, wie sein Portfolio in einem rückläufigen Markt an Wert verliert. Wenn Anleger jedoch Linderung suchen, indem sie vorübergehend von ihrer langfristigen Strategie abrücken, tauschen sie am Ende womöglich nur eine Sorge gegen eine andere. Kurserholungen nach Tiefständen setzen häufig überraschend ein, und Anleger tun sich außerordentlich schwer, Aktien zu kaufen, die einige Wochen zuvor noch deutlich günstiger waren. Durch falsches Timing drohen erhebliche Opportunitätskosten: Hätte man, rein hypothetisch, in den 25 Jahren bis 2021 100.000 Dollar in die Aktien des Russell 3000 Index investiert, hätte man am Ende 1.036.694 Dollar erhalten.9 Hätte man in diesem Zeitraum jedoch auch nur die besten aufeinanderfolgenden 90 Handelstage (die 90 Tage bis 22. Juni 2020) verpasst, hätten sich alarmierende 33% dieser Rendite einfach in Luft aufgelöst.10

Rechnet man jetzt noch die wahrscheinlich höheren Transaktionskosten und mögliche steuerliche Belastungen durch kurzfristigen Handel hinzu, sinkt die Erfolgswahrscheinlichkeit von Timing-Strategien weiter.

Ein kluger Anlageberater hat ein Portfolio mit einem Stück Seife verglichen: „Je mehr man es anfasst, desto weniger bleibt übrig.“


Footnotes

  1. 1 Zwischen dem 1. und dem 31. Januar hat der S&P 500 5,17% verloren.

  2. 2 Die Schlagzeilen stammen aus öffentlich zugänglichen Nachrichtenquellen und dienen lediglich als Kontext; sie sollen nicht das Verhalten der Märkte erklären.

  3. 3 Diese Aktien wurden aufgrund ihres Nachrichtenwerts und ihrer hohen medialen Präsenz im Jahr 2021 ausgewählt, ihre Wertentwicklung ist jedoch möglicherweise nicht repräsentativ für alle öffentlichkeitswirksamen Aktien in diesem Zeitraum.

  4. 4 Steven Russolillo und Tomi Kilgore, „Hindenburg Omen' Flashes,“ Wall Street Journal, 14. August 2010.

  5. 5 Weston Wellington, „Hindenburg Omen Flames Out,“ Down to the Wire (Blog), Dimensional Fund Advisors, 8. Oktober 2010.

  6. 6 Der Russell 3000 Index besteht aus den Aktien von 3.000 US-Unternehmen, die per 31. Dezember 2021 etwa 97% des investierbaren US-Aktienmarktes entsprachen. Nach Angaben des Investment Company Institute gab es Ende 2020 2.997 US-Aktienfonds und 1.032 US-Aktien-ETFs.

  7. 7 Laut Morningstar entspricht das Risikoprofil der taktischen Asset-Allokation in etwa dem der Morningstar-Kategorie „50% bis 70% Aktien“. Die hier verwendete engere Kategorie „Balanced“ war eine Untergruppe der Morningstar-Kategorie „50% bis 70%“ mit einer relativ statischen Gewichtung (~ 60% Aktien und 40% Anleihen).

  8. 8 Amy C. Arnott, „Tactical Asset Allocation: Don't Try This at Home“, Morningstar, 20. September 2021.

  9. 9 Die Daten im Beispiel „Wachstum von 100.000 USD“ sind hypothetisch. Sie setzen die Wiederanlage von Erträgen und keine Transaktionskosten oder Steuern voraus. Die Abbildung dient nur zur Veranschaulichung und ist kein Richtwert für eine bestimmte Anlage.

  10. 10 Die Frank Russell Company ist die Quelle und der Eigentümer der Marken, Dienstleistungsmarken und Urheberrechte der Russell Indizes. Das hypothetische Beispiel eines Anlegers, der die besten 90 aufeinanderfolgenden Handelstage verpasst, geht davon aus, dass der Anleger sein Portfolio am Ende des letzten Tages vor Beginn dieser 90 Tage vollständig auflöst und die Barmittel nach Ablauf der 90 Tage erneut vollständig in den Russell 3000 Index investiert.

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