Anleihen: Worauf es ankommt, sind die eigenen Ziele
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Im Jahr 2020 sind die Renditen einzelner Segmente am Anleihenmarkt stark auseinandergedriftet. In einigen Fällen so stark wie nie zuvor.
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Die extremen Renditeunterschiede machen deutlich, dass festverzinsliche Wertpapiere keine homogene Assetklasse darstellen. Genau deshalb sollte eine Anleihen-Strategie immer auf die Ziele des jeweiligen Anlegers abgestimmt sein.
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Pauschallösungen im Anleihen Bereich können zu ungewünschten Ergebnissen führen.
In der ersten Jahreshälfte 2020 sind die Renditen einzelner Segmente am Anleihenmarkt in einem solchen Maße auseinandergedriftet, wie Anleger es selten erlebt haben: Weltweit erzielten Staatsanleihen im ersten Quartal deutlich bessere Ergebnisse als Unternehmensanleihen. Mit 11 Prozentpunkten war die vierteljährliche Renditedifferenz zwischen US-Treasuries und US-Unternehmensanleihen die höchste der letzten 50 Jahre. Im zweiten Quartal konnten sich US-Unternehmensanleihen deutlich erholen und erreichten mit 7,7 Prozentpunkten ihrerseits die zweitgrößte vierteljährliche Mehrrendite gegenüber US-Staatsanleihen in der Geschichte der bonitätsbehafteten amerikanischen Anleihenmärkte.
Festverzinsliche Wertpapiere, so viel hat das vergangene Jahr gezeigt, sind keine homogene Assetklasse. Genau deshalb sollte die Struktur eines Anleihen-Portfolios immer auf die Ziele des Anlegers abgestimmt sein. Gleichzeitig sollte sich auch die Bewertung von Anleihen-Strategien grundsätzlich an den Zielen des individuellen Anlegers orientieren. So kann sich eine Strategie für reinen Kapitalerhalt deutlich von einer Strategie unterscheiden, die zukünftige Verbindlichkeiten decken soll. Warum die Investmentziele der Maßstab für die Bewertung von Anleihen sein sollten, verdeutlichen die folgenden drei Fallbeispiele.
Turbulenz in den Anleihenmarktsegmenten
Vierteljährliche Renditen verschiedener Marktsegmente am US-Anleihenmarkt in H1 2020
Angaben in USD. Wertentwicklungsdaten zeigen die Wertentwicklung in der Vergangenheit. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit stellt keine Garantie für zukünftige Entwicklungen dar.
Beispiel 1: Renditebeständigkeit
Wer vor allem stabile Renditen von Anleihen erwartet, sollte seine Anleihen Allokation im Rahmen seiner gesamten Asset-Allokation bewerten, denn wie festverzinsliche Wertpapiere die Volatilität des Gesamtportfolios genau beeinflussen, kann von anderen Portfoliokomponenten abhängen.
Beispiel Duration und Kreditqualität: Anleger müssen entscheiden, ob sie eher in längere oder kürzere Laufzeiten bzw. in Anleihen mit höherer oder niedrigerer Bonität investieren wollen. Wie das obere Diagramm in Abbildung 2 zeigt, schwankt ein globaler Anleihen Index, der zahlreiche Ratings und Laufzeiten kombiniert, stärker als ein Index, der ausschließlich aus Staatsanleihen mit kürzerer Laufzeit und hoher Bonität besteht. Geht man ausschließlich nach der Beständigkeit der Renditen, erscheinen Staatsanleihen attraktiver.
Allerdings dürften nur die wenigstens Anleger tatsächlich ausschließlich in Staatsanleihen mit kurzer Laufzeit und hoher Bonität investieren. Viele Anleger halten auch Aktien, und die sind, eine entsprechend große Allokation vorausgesetzt, häufig die entscheidende Volatilitätsquelle in einem Portfolio. Bei einer größeren Aktien-Allokation haben die Duration und das Risikoprofil der Anleihen-Allokation also weniger Einfluss auf die Volatilität. Das untere Diagramm in Abbildung 2 verdeutlicht diesen Punkt anhand von zwei Portfolios, die jeweils zu 60% aus Aktien und zu 40% aus Anleihen bestehen. Die Portfoliovolatilität ist in beiden Fällen fast identisch, unabhängig davon, ob ein Anleger ausschließlich in kurzfristige Staatsanleihen investiert oder sein Anleiheportfolio stärker diversifiziert.
Was ist (sonst noch) in Ihrer Geldbörse?
Vierteljährliche Renditen für Anleihen-Allokationen, Juni 1994–Juni 2020
Wertentwicklungsdaten zeigen die Wertentwicklung in der Vergangenheit. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit stellt keine Garantie für zukünftige Entwicklungen dar. Angaben in USD.
Beispiel 2: Inflationsschutz
Einige Anleger wollen vor allem ihre Kaufkraft erhalten bzw. den Umfang an Waren und Dienstleistungen beibehalten, den sie sich mit Ihren Ersparnissen zukünftig leisten können. In diesem Fall sind Realrenditen bei der Bewertung der Anleihen wahrscheinlich wichtiger als die Nominalrenditen. Wie in Abbildung 3 zu erkennen ist, kann Inflation das Realwachstum eines Anleiheportfolios erheblich belasten.
Inflation ist wichtig
Wachstum eines Dollars für kurzfristige US-amerikanische Staatsanleihen, Januar 1976–Dezember 2020
Die Wertentwicklung in der Vergangenheit, inklusive hypothetischer Wertentwicklung, stellt keine Garantie für zukünftige Entwicklungen dar.
Mit inflationsgebundenen Anlagen wie Treasury Inflation-Protected Securities (TIPS) können Anleger die Auswirkungen unerwarteter Inflationsentwicklungen abmildern. Der Nennwert von TIPS und die nachfolgenden Zinszahlungen werden auf Grundlage der Veränderungen des US-Verbraucherpreisindex (CPI) angepasst. TIPS-Anleger erhalten also den tatsächlichen Inflationswert, gemessen an den Veränderungen des CPI.
TIPS eliminieren die inflationsbedingte Komponente der Volatilität realer Renditen . Was dies in der Praxis bedeutet, kann man an den TIPS-Renditen mit unterschiedlicher Laufzeit in Abbildung 4 ablesen: Die Realrenditen sind stets weniger volatil als die Nominalrenditen. TIPS sind also eine vergleichsweise sicherere Anlage für Investoren, die vor allem auf zukünftige Kaufkraft (Realvermögen) bedacht sind.
Real Deal
Jährliche Renditen der US-TIPS-Indizes , 2002–2020
Wertentwicklungsdaten zeigen die Wertentwicklung in der Vergangenheit. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit stellt keine Garantie für zukünftige Entwicklungen dar. Angaben in USD.
Wie man ebenfalls erkennen kann, sinkt die Volatilitätsdifferenz zwischen Nominal- und Realrenditen in Indizes, die aus TIPS mit längeren Laufzeiten bestehen. Der Inflationsschutz beseitigt die Inflationskomponente der realen Renditeunsicherheit; was bleibt, ist die Unsicherheit durch Schwankungen der Realzinsen. Die Realzinssensitivität eines Portfolios steigt mit der Duration, und zwar unabhängig davon, ob wir nun Nominal- oder Realrenditen betrachten.
Unabhängig davon, ob ein Anlegeziel real- oder nominal gemessen wird steigt die Volatilität in Vermögenseinheiten bzw. der Wert eines Portfolios wenn Anleihen mit längerer Laufzeit eingesetzt werden. Doch was ist mit Portfolios, deren Ziele sich nicht in Vermögenseinheiten ausdrücken lassen?
Beispiel 3: Einkommen
Angenommen, das Ziel eines Anlegers ist die Altersvorsorge. Für ein geregeltes Einkommen im Alter ist er auf regelmäßige Cashflows angewiesen, die aus heutiger Sicht zukünftige Verbindlichkeiten darstellen. Die zukünftigen Ausgaben werden also durch die heutigen Ersparnisse gedeckt. In diesem Szenario kann das Risikomanagement darin bestehen, die Ungewissheit über die Höhe des zukünftigen Einkommens zu reduzieren. Dazu eignet sich Vermögenswerte, deren Wert im Einklang mit Finanzierungskosten für zukünftige Einkommen schwankt.
Abbildung 5 veranschaulicht die Rolle, die dieses Konzept bei der Bewertung von Anleihen spielt: Betrachtet man Anleihen unter dem Aspekt der monetären Wertschwankungen eines Portfolios, dann sind einmonatige US-Staatsanleihen (T-Bills) sehr stabil. Für Anleger, die den Kapitalerhalt in den Vordergrund stellen, ist diese Eigenschaft durchaus attraktiv.
Anders sieht es jedoch aus, wenn man T-Bills nach ihrer Eignung zur Deckung zukünftiger Verbindlichkeiten bewertet. Hier ist das Ziel das Risiko zu reduzieren, dass ein Anleger zukünftige Verbindlichkeiten (regelmäßiges Einkommen im Alter) nicht decken kann. Ob er sein Ziel erreicht, lässt sich womöglich eher anhand einer anderen Kennzahl feststellen, nämlich der Volatilität der Anleiherenditen, gemessen in Einkommenseinheiten (also dem Einkommen, das ein Anleger in Zukunft beziehen kann). Dazu muss man die Renditen der T-Bills an die Preisveränderungen der zukünftigen Einkommensströme anpassen, die über eine angenommene Rentenbezugsdauer von 25 Jahren realistisch sind. Tut man dies, erscheinen die Renditen von T-Bills deutlich volatiler: Da ihre Duration viel niedriger ist als die der Verbindlichkeiten, können ihre Renditen nicht mit den Wertschwankungen der Verbindlichkeiten Schritt halten. Dadurch kann das Risiko deutlich steigen, dass die heutigen Ersparnisse eines Anlegers nicht ausreichen, um seine Ausgaben im Ruhestand zu decken. Für den einen Anleger sind T-Bills also eine sichere Anlage, für andere Anleger mit anderen Zielen können sie jedoch ein bedeutendes Risiko darstellen.
Ergebnisschätzungen
Monatliche Renditen für einmonatige US-amerikanische Staatsanleihen in Vermögenseinheiten gegenüber Einkommenseinheiten, Januar 2003–Januar 2021
Die Wertentwicklung in der Vergangenheit stellt keine Garantie für zukünftige Ergebnisse dar.
Passt der Schuh?
Das vergangene Jahr hat uns immer wieder (und oft unaufgefordert) den Wert zahlreicher bewährter Anlageprinzipien vor Augen geführt, mitunter die Bedeutung der Anlegerdisziplin und dem langfristigen Festhalten an der Value-Prämie. Die globalen Anleihenmärkte sind keine Ausnahme: Die extremen Renditeabweichungen zwischen verschiedenen Marktsegmenten haben uns daran erinnert, dass Anleger ihre Anleihenportfolios auf ihre Ziele abstimmen sollten. Genau wie bei Mode führen Pauschalansätze wahrscheinlich zu suboptimalen Ergebnissen, und daher sollten bei der Bewertung von Anleihen immer die Ziele des Investors im Mittelpunkt stehen – denn was für den einen très chic ist, ist für den anderen ein Fauxpas.
Mehr erfahren
glossar
Nominalrendite: Rendite einer Anlage ohne Berücksichtigung der Inflation.
Realrendite: Rendite einer Anlage nach Abzug der Inflationsrate.
rechtliche informationen
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